Saisonrückblick 2022/2023

Foto: Swiss Ski / Stephan Bögli
Ein Rückblick auf eine schwierige, aber lehrreiche Saison. Den Wettkämpfen fieberte ich Ende November nach meiner letztjährigen sehr guten Saison gespannt entgegen. Ich wollte dort anknüpfen, wo ich aufgehört hatte und noch eine Schippe drauflegen. Doch schon zu Beginn kam alles anders.

Erstes Trimester

Im finnischen Kontiolahti tat ich mich schwer, mit dem richtigen Tempo in die Rennen zu starten. Einmal zu verhalten und sehr defensiv, ein anderes Mal büsste ich nach meinem Anfangstempo später stark ein. Zudem passten die Schiessleistungen unter der hohen Belastung plötzlich auch nicht mehr. Im Sprint verpasste ich mit drei Fehlern um neun Zehntel so knapp den Verfolgungswettkampf. Auch eine Woche später in Hochfilzen wurde es nicht wirklich besser. Wieder drei Fehler im Sprint und wieder so knapp nicht in der Verfolgung. Natürlich war der Frust gross. Immerhin gelang mir ein erster Lichtblick dann in der Staffel, wo wir als Team einen guten 7. Platz erreichten.

Vor Weihnachten im Weltcup von Le Grand-Bornand wurde es endlich besser. Im verregneten Sprint über zehn Kilometer ist mir eine Reaktion gelungen und ich belegte mit einer 90% Trefferquote mit 0-1 den 32. Rang. Auch in der Loipe fühlte ich mich endlich wohl im Wettkampfmodus, was sicherlich auch mit der lautstarken Unterstützung von zu Hause einen Zusammenhang hatte. Trotz den garstigen Wetterverhältnissen reisten ein paar Mitglieder aus meinem Fanclub nach Frankreich, was mich sehr gefreut hat. In der Nacht vor dem Verfolgungswettkampf wurde es kälter und die nasse Loipe gefror zu einem Eisfeld. Die schwierigen Bedingungen machten ein technisch sauberes Laufen fast unmöglich, was sogar unserem Saisondominator Johannes Thingnes Boe zu schaffen machte. Es fühlte sich an, wie auf rohen Eiern zu laufen. Erneut gelang mir ein gutes Schiessresultat (0- 0-1-0) und ich konnte damit nochmals neun Plätze gut machen. Mit Rang 23 platzierte ich mich mitten in die grossen Namen und die Freude über die halbe WM-Qualifikation war natürlich auch bei meinen erneut angereisten Fans gross. Dank den guten Resultaten des gesamten Wochenendes stand plötzlich auch noch die Teilnahme des Massenstarts der besten 30 im Raum. Es wäre mein erster gewesen. Als «first reserve» musste ich mich bis zwei Stunden vor dem Start bereithalten, aber den Wettkampf schlussendlich leider nur als Fan zuschauen. Die Stimmung mit 20’000 Zuschauer in Le Grand-Bornand war bombastisch und es hat mich sehr gefreut, dass auch Fans von zu Hause angereist sind, um mich lautstark zu unterstützen.

Zweites Trimester
Direkt nach Weihnachten stand für mich ein riesengrosses Highlight auf dem Programm. Zusammen mit Lena Häcki-Gross aus Engelberg wurde ich eingeladen, am prestigeträchtigen «Biathlon auf Schalke» teilzunehmen. Bereits im Vorfeld habe ich mich sehr darauf gefreut, zusammen mit Lena im vollen Fussballstadion gegen neun andere Top-Teams antreten zu können. Die Atmosphäre vor 35’000 Zuschauern war grossartig und der Einlauf ins Stadion bereitete mir jedes Mal Hühnerhaut. Zuerst im Massenstart und später auch in der Verfolgung war ich mit meinen guten und schnellen Schiesseinheiten sehr zufrieden. Zusammen konnten wir am Ende auf den 6. Platz laufen. Es war ein sehr cooles Erlebnis, einmal in einem Fussballstadion einen Biathlon Wettkampf zu bestreiten. Noch auf der Rückreise von Gelsenkirchen spürte ich ein Kratzen im Hals und bereits vor dem Ankommen zu Hause hatte ich Schüttelfrost. Silvester verbrachte ich deshalb leider im Bett und es wollte auch Anfang Januar nicht besser werden. Diese hartnäckige Grippe setzte mich fast drei Wochen ausser Gefecht, bevor ich endlich wieder ein bisschen mit Training beginnen konnte. Der Frust war riesig, da ich das Gefühl hatte, endlich in Form zu kommen. Stattdessen hiess es nun wieder mit dem Aufbautraining zu starten. Es ist schon eindrücklich, wie schnell das gewohnte Leistungsniveau weg ist und wie lange es geht, um wieder einigermassen in Wettkampfform zu kommen. Dies wollte ich zu Beginn noch nicht so ganz wahrhaben. Zurück im Weltcup in Antholz und eine Woche später an der Heim-EM auf der Lenzerheide passte jedenfalls bei mir gar nichts zusammen. Die Wettkämpfe waren ein K(r)ampf. Ich blieb weit unter den Erwartungen und es war frustrierend und schwierig, die Situation zu akzeptieren. So brauchte ich viel Geduld und weiterhin regelmässiges Training, doch es ging zum Glück immer besser.

Saisonhighlight
Mitte Februar folgte der Saisonhöhepunkt mit der WM in Oberhof. Im deutschen Biathlon-Mekka wurden während zwei Wochen die Wettkämpfe ausgetragen. Mit meiner halben Qualifikation durfte ich zwei Rennen bestreiten. Im Sprint, welcher mir leider wieder etwas misslang, folgte im Einzel der beste Auftritt seit knapp zwei Monaten. Mit drei Fehlern zwar (1-1-1-0), aber dafür in der Loipe mit einer guten Schlussrunde, schaffte ich es auf Platz 36 und das erste Mal seit langem wieder mal in den vorderen Drittel der Rangliste. Das Laufen fühlte sich nach diesen zähen Wochen endlich wieder gut an und es bereitete mir grossen Spass.

Drittes Trimester
Nach der WM ging es Ende Februar direkt weiter in das letzte Weltcup Trimester. Im tschechischen Nove Mesto konnte ich im Sprint (0-2) und in der Verfolgung (0-2-1-2) beide Male Resultate in den Top 40 erzielen. In der Loipe ging es weiterhin bergauf, denn in diesen Wettkämpfen verlor ich prozentual so wenig Zeit auf die Spitze wie in der ganzen Saison noch nie. Doch mit dem Schiessen haderte ich dafür umso mehr. Das schnelle und sichere Schiessen, was in der Vergangenheit oftmals meine Stärke gewesen ist, liess ich schmerzlich vermissen. Wie schon in der ganzen Saison zeigte ich immer wieder gute Ansätze mit fehlerfreien Schiesseinlagen, konnte es aber leider nie komplett durch einen gesamten Wettkampf bringen. So wird man im Feld schnell nach hinten gespült. Ich war voller Motivation und Zuversicht für die letzten Wettkämpfe des Winters, weil ich spürte, dass ich langsam wieder in Fahrt kam. Doch dann kam alles anders… Noch am Abend vor der Weiterreise nach Östersund wurde ich positiv auf Corona getestet und musste deshalb, anstatt nach Schweden, zurück in die Schweiz reisen. Wieder wurde ich zurückgeworfen und wieder musste ich Abwarten und Tee trinken. Für die letzten Wettkämpfe durfte ich nochmals einen Formaufbau lancieren, denn es standen immerhin noch die SM und die CISM (Militär Weltmeisterschaften) auf dem Programm.

Im Goms fanden Ende März die Schweizer Meisterschaften statt, nachdem sie wegen Schneemangels von Prémanon nach Ulrichen verschoben wurden. Obwohl die Wettkämpfe trotz Verschiebung sprichwörtlich fast ins Wasser fielen, konnten die Organisatoren faire Rennen durchführen. Am Freitag beim Sprint zwar noch inklusive einer tückischen Linkskurve, welche durch die Stürze für die Zuschauer zwar grosses Spektakel bot, aber leider auch Verletzungen hervorbrachte. Dieses Mal war ich aber vom Pech verschont geblieben, was aber nicht unbedingt die Rangliste betraf. Als 4. verpasste ich das Podest leider knapp. Am Samstag bot sich mir aber schon bald die Chance, es besser zu machen. Im Massenstart und nach anfänglichen Schwierigkeiten beim ersten Schiessen konnte ich im tiefen, sulzigen Terrain und auf dem Schiessstand immer mehr Plätze wettmachen und mit dem letzten fehlerfreien Stehendschiessen den zweiten Rang absichern. Diese Medaille war für mich ein wenig wie die Genugtuung zum Saisonende.

Saisonabschluss
Nach der SM war die Saison (zum Glück) immer noch nicht vorbei. Da ich gefühlt noch keine Handvoll Rennen bestritten hatte, freute ich mich sehr, dass es Anfangs April noch nach Nordschweden ging. In Boden fanden die CISM Militär Weltmeisterschaften statt und mit etwas weniger Druck dafür ein bisschen mehr Spass traten wir die Reise zusammen mit Langläufern, Skitourenläufern und Ski-OL-Läufern an. Essen im Militärtenue statt den Trainerhosen und Schlafen in der Kaserne im Massenlager war etwas anderes, als wir es uns gewohnt waren. Trotzdem hatten wir im und ausserhalb des Trainings eine Menge Spass und es war schön, sich auch mal zwischen den Sportarten auszutauschen. Die Temperaturen waren mit -15°C noch einmal frostig, weshalb es sicherlich ungewohnt war, Rennen zu bestreiten. Im Sprint und in der Patrouille knüpfte ich an meinen Leistungen an, welche ich schon zuvor in der Saison gezeigt hatte. Es war ein Auf und Ab. Doch das war spätestens beim Abschlussabend sekundär. Zum Schluss habe ich in der Nacht sogar noch die Nordlichter gesehen, was ein unglaublich schönes Erlebnis war.

Fazit
Diese Saison war für mich definitiv nicht eine einfache, doch ganz sicher eine lehrreiche. Mit immer wieder guten Ansätzen konnte ich zeigen, was an guten Tagen alles möglich ist. Durch die Krankheiten wurde ich jedoch immer wieder zurückgeworfen. Ich musste akzeptieren, dass es gerade im Ausdauersport eine Ewigkeit dauert, nach einer Zwangspause wieder einigermassen in den Wettkampfrhythmus und in Form zu kommen. Und dass es nicht zu unterschätzen ist, wie viel Energie der Körper durch eine Krankheit verlieren kann. Umso mehr oder vielleicht gerade deswegen, bin ich nach den kurzen Ferien Ende April wieder voller Motivation ins Sommertraining gestartet, um Vollgas zu geben.

An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen Sponsoren, Gönnern und Fans ganz herzlich für die wertvolle Unterstützung bedanken. Die zahlreichen Nachrichten, Gratulationen und aufmunternden Worte haben mich immer sehr gefreut. Merci vielmal!

 

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