Erstes Trimester
Der Saisonstart im hohen Norden ist mir nicht wirklich geglückt. In Östersund bin ich zwar mit
einem soliden Einzel in die Saison gestartet, aber das Gefühl auf der Strecke und am
Schiessstand stimmte nicht mit der Resultattafel am Ende überein, da allgemein im Feld auch
sehr gut geschossen wurde. Mit meinem 55. Platz am Ende war ich deshalb nicht wirklich
zufrieden. Allgemein waren es sehr schwierige Bedingungen für mich persönlich und mit -18°C
auch über dem Limit. Ich tat mich wirklich schwer bei diesen Verhältnissen. In der Staffel
erfüllten wir mit dem soliden 7. Platz zwar gleich die Vorgaben von Swiss-Ski, um an der WM
eine Staffel stellen zu dürfen, aber im Sprint passte bei mir gar nichts mehr zusammen. Zu viele
Fehler am Schiessstand sorgten dafür, dass ich mich für das Verfolgungsrennen nicht
qualifizieren konnte.
Nach den eineinhalb Wochen in Schweden ging es zum Glück wieder zurück ins «wärmere»
Mitteleuropa. Mit Hochfilzen stand in Österreich der Ort im Kalender, an dem ich vor vier
Jahren meine ersten Weltcuppunkte holen konnte. Ein gutes Omen also. Der Schiessstandanlauf
an dieser Wettkampfstätte ist wirklich tückisch, da er leicht steigend ist und man nicht zu schnell
anlaufen darf, wenn man noch ein stabiles Zielbild haben möchte. Dies war dann vor allem
auch meine Herangehensweise für die Wettkämpfe. Mit der anfänglich noch kleinen
Unsicherheit im Schiessen, schaffte ich es im Training Tag für Tag wieder mehr Selbstvertrauen
zu holen und wollte es für den Wettkampf einfach genau gleich angehen. Dies ging im Sprint
voll auf und ich schaffte es trotz einer hohen Startnummer nach einem fehlerfreien Schiessen
in die Top 25.
Nach einer langen Durststrecke und vielen schwierigen Rennen letztes Jahr fühlte sich dieses
Resultat für mich wie eine grosse Genugtuung an. In der Verfolgung konnte ich den Flow gleich
mitnehmen und mit 0-0-1-0 nochmals vier Ränge gut machen und landete schlussendlich auf
dem 21. Platz. Mit diesen zwei Top 25 Resultaten schaffte ich zudem die Qualifikation für die
WM im Februar in Nove Mesto, was eine grosse Erleichterung ist. In der Staffel schafften wir,
trotz krankheitsbedingtem Ausfall von Niklas, den guten 7. Rang. So ging es mit einem guten
Gefühl wieder Richtung Heimat.
Heimweltcup Lenzerheide
Vor Weihnachten war es dann so weit. Der lang ersehnte erste Biathlon Weltcup in der Schweiz
wurde endlich Tatsache und mit ihm stand schon früh in der Saison ein Highlight an. Ich merkte
bereits auf der Heimfahrt nach Hochfilzen, als wir zu Hause an der Biathlon Arena
vorbeigefahren sind, dass die Vorfreude riesig ist und auch schon eine gewisse Anspannung
spürbar war. Diese konnte ich aber für die Wettkämpfe erstaunlich gut zur Seite schieben. Am
Freitag im Sprint gelang mir vor allem im Schiessen wieder eine gute Leistung und mit 90%
Trefferquote konnte ich mir als 35. noch ein paar Weltcuppunkte ergattern. Die Verfolgung war
dann pickelhart für mich und ich hatte von Beginn an müde Beine. Auf dieser schweren Strecke
besteht auch kaum eine Möglichkeit, um sich richtig zu erholen. So kämpfte ich trotzdem Runde
für Runde, aber musste bis zum Ende leider ein paar Plätze abgeben.
Zweites Trimester
Im Januar folgten die prestigeträchtigen Wettkämpfe in der deutschen Biathlon Hochburg von
Oberhof. Dort im Thüringer Wald, so sagt man, herrschen immer mindestens zwei von den drei
grossen Mächten Wind, Nebel und Regen. In diesem Jahr war vor allem der fehlende Schnee
eine grosse Herausforderung für die Organisatoren. So mussten wir die Trainings vor den
Wettkämpfen zum Teil in der Skihalle absolvieren.
Obwohl es mir im Sprint in der Loipe sehr gut lief, konnte ich meine gute Schiessform über
Weihnachten leider nicht konservieren. Ich hatte grosse Mühe mit dem böigen Wind am
Schiessstand. Vier Fehler waren definitiv zu viele, um den Verfolgungswettkampf zu erreichen.
Zum Glück konnte ich aber darauf reagieren und machte es mit den Jungs in der Staffel besser.
Am Schluss schaute für uns ein guter 5. Platz heraus, was das beste Schweizer Staffelergebnis
seit elf Jahren gewesen ist und vorher überhaupt erst drei Mal realisiert werden konnte.
Ruhpolding gilt als eher einfacher Schiessstand und ist bekannt als «leichte» Strecke im
Weltcup. Deshalb ist das Feld viel enger zusammen und die Limite, um die Verfolgung zu
erreichen, viel kleiner. Zum Vergleich: mit 2.05min Rückstand hat es in Ruhpolding nicht
gereicht, unter die besten 60 zu kommen. An der WM in Nove Mesto wird der 60. Rang 3.37min
Rückstand haben.
Zu wissen, dass man gerade dort gut schiessen muss, macht es nicht unbedingt einfacher und
erzeugt einen gewissen Druck. Dieses Mal konnte ich besser damit umgehen und mit 1-0 im
Sprint bzw. 0-0-2-0 in der Verfolgung konnte ich ein paar Weltcuppunkte mitnehmen.
In Antholz gelang mir im verkürzten Einzel über 15km eine meiner besten läuferischen
Leistungen in diesem Winter. Es fühlte sich fantastisch an, mit einem gleitenden Ski unter den
Füssen die Kraft zu haben, um Runde für Runde das Tempo erhöhen zu können. Mit 1-1-0-1
und der 29. Laufzeit reichte es mir trotz den drei Fehlern auf den 24. Platz. Ein Fehler weniger
hätte den 12. Rang ergeben, mit 4×0 wäre es sogar der zweite Platz gewesen. Diese
Rechenspiele sind zwar immer überflüssig, geben mir aber trotzdem ein gutes Gefühl, da sie
zeigen, was alles möglich ist. In der Mixed Staffel zusammen mit Amy, Lena und Sebi konnte
ich mein bestes Staffelresultat übertrumpfen und wir wurden am Schluss sehr gute 4. Es hat
grossen Spass gemacht, so lange am Podest zu schnuppern und bis zum Schluss mitzufiebern.
WM Nove Mesto
Die Vorfreude auf die Weltmeisterschaften im tschechischen Nove Mesto war riesig. Im
grössten Biathlonstadion der Welt und mit über 20’000 Zuschauer pro Wettkampftag war alles
vorbereitet für das Biathlonfest des Jahres. Das Schweizer Team kämpfte aber leider mit dem
nassen, langsamen und dreckigen Schnee, was mit dem neu eingeführten Fluorverbot der IBU
nicht unbedingt einfacher wurde.
Im Sprint konnte ich mich mit einer durchzogenen Schiessleistung noch knapp für die
Verfolgung qualifizieren, in der ich dann vor allem auch wegen der schnellsten Schiesszeit 13
Plätze gutmachen konnte. Bis in die Punkte schaffte ich es jedoch nicht mehr, auch nicht im
Einzelwettkampf. Auch in der Staffel war es als Startläufer definitiv nicht einfach, mit
langsamen Skis in der Masse mitzulaufen, weil ich durch den grösseren Effort, den es brauchte,
vom Gefühl her viel ausgepumpter an den Schiessstand kam. Dies machte das Ganze auch nicht
unbedingt einfacher, um gut zu schiessen. Auf jeden Wettkampf zu hoffen, dass das Material
besser sein würde und während dem Wettkampf feststellen zu müssen, dass dies leider nicht der
Fall war, war ziemlich zermürbend. So wurde die WM für mich leider zu einer grossen
Enttäuschung. Zumindest die herausragende Stimmung der zahlreich angereisten Fans waren
ein Highlight.
Drittes Trimester
Nach einer Woche Wettkampfpause und Kraft tanken stand schon das letzte Trimester an. Mit
der Reise zuerst nach Oslo an den berühmten Holmenkollen, weiter in die USA und mit dem
Abschluss in Kanada stand zwar ein Monsterprogramm an, die Vorfreude auf die neuen
Wettkampforte in Nordamerika war für mich aber riesig.
In Oslo gelangen mir im Einzel mit 80% Trefferquote und in der Mixed Staffel, zwar wiederum
mit einer super Laufzeit aber leider zu vielen Nachladern, nicht wirklich gute Wettkämpfe. Eine
Woche später in Soldier Hollow musste ich einen Tiefpunkt von meiner bisherigen Karriere
hinnehmen. Als Starläufer für die Herrenstaffel vergeigte ich das erste Liegendschiessen komplett,
schoss alle fünf Schüsse und die drei Nachlader jeweils rechts an die Kante der
Scheibe und hatte danach zwei Strafrunden zu absolvieren. Ich konnte es mir nicht erklären, ob
es an der Position, dem Wind oder sonst einen Grund hatte. So weit abgeschlagen am Ende des
Feldes konnte ich auch nach dem fehlerfreien Stehendschiessen nicht mehr viel Zeit gut machen
und musste mit einem grossen Rückstand übergeben, was ein Horrorerlebnis war und ich so
schnell wie möglich wieder vergessen möchte. Diese Erfahrung war für mich trotz einem langen
Gespräch mit meiner Mentaltrainerin nicht einfach, abzuhaken, aber am nächsten Tag stand mit
dem Sprint schon wieder ein neues Rennen an. Nach der grossen Unsicherheit vom Vortag,
investierte ich sehr viel in den Schiessstandanlauf und die Zeit bis zum ersten Schuss und
schaffte es tatsächlich, im ersten Schiessen fehlerfrei zu bleiben. Leider passte dafür dann im
Stehendschiessen gar nichts mehr zusammen und ich verfehlte drei Scheiben und auch die
Verfolgung. Alles in allem ein Wochenende zum Vergessen.
Auch in Canmore eine Woche später war es für mich eine Premiere. Das Stadion ist
wunderschön gelegen, umgeben von hohen Bergen und mit einer wunderbaren Aussicht ins Tal.
Es hat mich wahnsinnig fest gefreut, dass die ehemalige Gastmutter und Freunde von meiner
Schwester Samira den weiten Weg von Texas angereist sind, um mich vor Ort zu unterstützen
und den Biathlonsport kennenzulernen. Die lange Saison und die vielen Emotionen sorgten
wohl etwas dafür, dass ich die Konzentration nicht mehr genügend hochhalten konnte und mir
am Schiessstand leider zu viele Fehler unterliefen. Dank einer guten Laufleistung im Verfolger,
schaffte ich es trotz den sieben Fehlern immerhin noch acht Plätze gutzumachen.
SM Goms
Nach einer langen Reise, einem üblen Jetlag und ein paar schlaflosen Nächten standen letztes
Wochenende dann noch die Schweizer Meisterschaften auf dem Programm. Am Freitag im
Sprint resultierte für mich der undankbare 4. Platz mit dem Schiessresultat von 2-1. Am
Samstag im Massenstart machte ich es mit 1-0-1-1 dann besser und konnte mir damit die
Bronzemedaille sichern, was ein versöhnlicher Abschluss eines nicht ganz einfachen letzten
Trimesters ist.
Fazit
Insgesamt schaue ich mit gemischten Gefühlen auf eine lange Saison zurück. Das Positive ist
sicherlich, dass ich ohne Krankheit oder Verletzung geblieben bin und somit das erste Mal einen
kompletten Winter an allen Weltcupstationen mitmachen durfte. Insgesamt habe ich von Mitte
November bis Ende März 30 Wettkämpfe an 12 verschiedenen Orten absolviert und konnte
immer wieder in die Weltcuppunkte laufen. Ich habe am Ende den 46. Platz im Gesamtweltcup
erreicht und somit die Selektion für das A-Kader geschafft. Über die gesamte Saison war ich
der drittbeste Schweizer und dementsprechend kann ich zufrieden sein mit meiner Saison.
Doch der Spitzensportler in mir strebt immer nach oben und somit muss ich auch festhalten,
dass oftmals noch bessere Resultate möglich gewesen wären. Das perfekte Rennen ist mir in
dieser Saison leider nicht gelungen. Einerseits hatten wir im ersten Jahr des Fluorverbotes nicht
immer die besten Skis, andererseits werde ich weiterhin an meiner Trefferquote und meiner
Laufleistung arbeiten. Ich bin auf jeden Fall top motiviert und freue mich schon jetzt wieder
auf das Sommertraining.
Ich möchte mich allen für die wertvolle Unterstützung in dieser Saison bedanken.
Auch das Mitfiebern live vor Ort oder am TV, Gratulationen oder aufmunternde Nachrichten
nach schlechten Resultaten oder einfach ein guter Gedanke haben mir viel bedeutet.
Merci vielmal!